Die zwei prägenden Themen meiner Kindheit waren Perfektionismus und Einsamkeit. Auch wenn mir das keiner so sagte, empfand ich mich nie gut genug, wenn ich etwas anders, oder besser machen hätte können oder sollen. Einsam war ich aufgrund der Diskrepanz zwischen meinen Bedürfnissen und dem, was mir meine Familie gegeben hat. Ich hatte viele Jahre das Gefühl ein lästiges Anhängsel zu sein.
Auf diesem Boden ist in späten Teenagerjahren die Suche nach Liebe in Burschenbeziehungen gediehen. Diese waren von vorne herein zum Scheitern verurteilt, weil es mir eben (unbewusst) nur um die Erfüllung meiner Bedürfnisse ging. Zum Teil auf die sexuelle Ebene reduzierte, schließlich zerbrochene Beziehungen, fügten meinem Herzen weiteren Schaden zu. Mein verzweifelter Hunger nach Liebe und Anerkennung hat mich auch blind gemacht. Ich konnte zwischen „angenommen sein” und „ausgenutzt werden” nicht oder schlecht unterscheiden, was mich schließlich auch zum Opfer einer Vergewaltigung hat werden lassen.
Als eine Folge dieser Verletzungen habe ich mich schuldig gefühlt, wenn jemand mit schlechter Laune das Zimmer betreten hat. Ich dachte: „Was habe ich falsch gemacht, dass er/sie sich schlecht fühlt?” Oder ich habe bis zur Erschöpfung versucht es allen recht – und vor allem – es richtig zu machen. Um mein Herz vor weitern Verletzungen zu schützen, habe ich es hinter einer Mauer versteckt.
Mein Heilungsprozess ist ein langer. Durch „befreit leben” erkannte ich die Zusammenhänge zwischen den damaligen Verletzungen und meinen heutigen Reaktionen. Die ermutigenden und stärkenden Rückmeldungen in der Kleingruppe haben mir sehr geholfen, diese falschen Denk- und Verhaltensmuster im Alltagsgeschehen (immer besser) zu entdecken und als Lügen zu entlarven. Ich lerne, mich für die Launen anderer nicht gleich verantwortlich zu fühlen, „Nein“ zu sagen und bei Unklarheiten nach zu fragen. Ich lerne, mich geliebt zu wissen unabhängig von meinen Leistungen.
Was die Mauer betrifft habe ich Gott vor vielen Jahren gebeten sie niederzureißen. Er, in seiner Weisheit und Barmherzigkeit, hat sie schrittweise abgebaut und heute kann ich beten: „Herr, ich will mein Herz offen vor mir hertragen und es auch dann nicht verschließen, wenn es verletzt wird, damit die Menschen, mit denen ich zu tun habe, die tiefe Echtheit deiner Liebe erfahren können.”
Missbrauch geschieht häufiger als wir denken und in Formen, die wir nicht sofort als „Missbrauch“ bezeichnen.
Erfahre mehrDa Verletzung/Missbrauch in einer Beziehung stattgefunden hat, kann Heilung – unserer Überzeugung nach – am besten in gesunden, aufrichtigen Beziehungen geschehen.
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